Das Magnificat-Gen II

Um Gedanken zu „Macht“ und „Segen“ wurde ich gebeten, und dies aus meiner Rolle als Delegierte im Frauenforum des Synodalen Wegs. Meine erste Assoziation zu „Segen“ ist eine Kassette von Konstantin Wecker, die ich in den 80er-Jahren gerne beim Autofahren gehört habe. Darunter der Text „Habemus Papam“ und darin der Satz: „Und wenn sie ihre Hände zum Segen erheben mach ich mich ganz klein, um auch ja nichts abzukriegen davon.“

Als vor allem weibliche Studierende der Religionspädagogik haben uns damals bereits die römischen Aussagen zum „Gefälle“ zwischen Klerus und Laien, sowie die Definitionen zu Rolle und Sein „der Frau“ irritiert. Das, was Maria 2.0 heute fordert, war vor 40 Jahren Thema. Wir wollten Veränderung mitgestalten und dachten, veraltetes würde genauso verschwinden, wie die Blaskapellenplatz-konzerte, die mein Vater am Sonntagmorgen gerne gehört hat (Musikantenstadel u.ä. blieb und was Kirche anbelangt nehme ich zurzeit mehr Traditionalistisches wahr als damals). Angesichts römischer Definitionen und „Segnungen“ lautete die Parole damals: In Deckung gehen, manches nicht allzu ernst nehmen und die christliche Botschaft selbst zeitgemäß zur Sprache bringen.

In der konkreten pastoralen Arbeit wurde vieles, was ich bzw. was wir damals jungen Frauen ins Leben gerufen und getan haben, gerne angenommen und geschätzt. Was möglich oder nicht möglich war, das war jedoch in der Regel abhängig vom Chef, d.h. vom Pfarrer. Hatte man seine Nische(n) gefunden, konnte man halbwegs zurechtkommen im katholischen System. Nicht wenige von uns sind nach und nach weggegangen. Dem klerikerseits definierten katholischen Frauenbild entsprachen und entsprechen nur wenige von uns. Dass sich an diesem Bild wenig geändert hat merkt man bis heute an römischen bzw. päpstlichen Aussagen. 2014 z.B. sprach Franziskus von der „Zärtlichen Dienstbereitschaft der Frau“. Ist eine zärtlich dienstbereite Frau das Idealbild? Eine Gesegnete unter den Frauen? Maria, die gebenedeite bzw. gesegnete unter den Frauen wird oft als die zarte, dienstbereite Ja-Sagerin dargestellt. Sie dient als Vorbild der zwei erwünschten katholischen Frauenvarianten: Jungfrau oder Mutter. (Beides gleichzeitig hat ja nur sie hingekriegt.) Übersehen wird bei diesem Marienbild die Magnificat-Maria: „Er stürzt die Mächtigen vom Thron, zerstreut die im Herzen voll Hochmut sind, erhöht die Niedrigen.“ Diese Maria gefällt mir.

Auch im ersten Testament gibt es eine Frau, die als besonders gesegnet gepriesen wird. Es handelt sich um Jaël und Anlass des Lobpreises war, dass sie einen Herrscher überlistet und getötet hat, indem sie ihm einen Zeltpflock in den Kopf gehämmert hat. Nähere Erläuterungen würden hier zu weit führen. Dieser Typ Frau ist kein Einzelfall in der Bibel. Auch manch andere Geschichten über biblische Frauen (Rebekka, Judith, Debora, Ruth…) erzählen viel über deren Klugheit, Mut und Stärke. Paul VI hingegen ging z.B. 1975 davon aus, dass Gott die Frau so sieht: „…als liebe Tochter, als reine und starke Jungfrau, als liebevolle Braut, vor allem aber als Mutter, die in Ehre und voller Würde zu halten ist, und schließlich als Witwe, fromm, im Leid gereift und unermüdlich.“

Im Synodalen Weg habe ich mich von Anfang an auf Begegnungen mit vielen interessanten, engagierten und klugen Menschen gefreut. Im Frauenforum bin ich vor allem mit Frauen in näherem Kontakt. Wenige kannte ich vorher persönlich, einige kannte ich durch Mailaustausch, u.a. im Zusammenhang mit Autor_innensuche für die Verbandszeitschrift des GR-Bundesverbands. Von vielen hatte ich gehört und/oder etwas gelesen. Es tut mir gut, mit diesen Frauen im Austausch zu sein. Die meisten davon sind wie die Frauen des Alten Testaments: klug, mutig und stark! Gesegnete Frauen, die durch ihr Wissen, ihre Kompetenz und ihr Engagement segensreich wirken im Synodalen Weg. Beim ersten Lesen der Instruktion dachten manche von ihnen: „Jetzt reicht es. Ich will nicht mehr.“ Keine ist bisher gegangen. Noch kämpfen wir gegen Machtmissbrauch und dafür, dass die Katholische Kirche zum Segensort wird.

Autorin:
Regina Nagel ist Gemeindereferentin in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, tätig vor allem im MAV-Bereich, Vorstandmitglied im GR-Bundesverband, Chefredakteurin der Verbandszeitschrift, Wirtschaftspsychologin B.A.. Sie ist Mitglied der Synodalversammlung und der in Ludwigshafen tagenden Regionenkonferenz und arbeitet im Forum „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ mit.