„Segensorte“ gestalten – mit mehr Klimaschutz und Ökumene

Bistum Speyer in Strategie-Prozess: Einsparziele und Weichenstellungen für die Zukunft

Speyer. Das Bistum Speyer will „Segensorte“ gestalten und sich als „Kirche in der Welt“ mit seiner christlichen Position in aktuelle, gesellschaftspolitische Diskussionen einbringen. Ziel dabei ist, an einer Gesellschaft mitzuwirken, „die die Würde des Menschen in allen Lebenssituationen und Lebensphasen in den Mittelpunkt stellt“. Dies geht aus Strategischen Zielen hervor, die bei einer Sitzung der Diözesanversammlung (DV) am Samstag (1.10.) in Speyer mit großer Mehrheit (65 Ja-Stimmen, drei Nein-Stimmen, 12 Enthaltungen) befürwortet wurden. Zudem will das Bistum die Zusammenarbeit mit der „Evangelischen Kirche der Pfalz“ vertiefen und sich stärker im Bereich von Klimaschutz und Nachhaltigkeit (Klimaneutralität) engagieren.

Diözesanversammlung: Zukunft planen und Ressourcen neu priorisieren

Das Bistum Speyer hat sich zum Ziel gesetzt, „Segensort in der Welt“ zu sein und sich für ein solidarisches Miteinander einzusetzen: Die Not Benachteiligter zu sehen und zu handeln. Wie diese (bereits im Herbst 2021 veröffentlichte) Vision des Bistums konkret umgesetzt und langfristig – trotz kräftig sinkender Mitgliederzahlen und Einnahmen – nachhaltig finanziert werden kann, wird derzeit in einem Strategieprozess geklärt. Die Vision und die daraus abgeleiteten „Strategischen Ziele“ sind Grundlagen für die Zukunfts- und Haushaltplanung. Der Haushalt des Bistums soll bis zum Jahr 2030 nachhaltig ausgeglichen (also ohne Defizite) gestaltet werden. Prognosen zeigen, dass die Zahl der Katholikinnen und Katholiken in der Pfalz und der Saarpfalz bis zum Jahr 2060 um 54 Prozent zurückgehen könnte – durch demographische Faktoren, die geringere Zahl von Taufen sowie durch Austritte. Im gleichen Zeitraum dürften die Kirchensteuereinnahmen um etwa 20 Prozent sinken. Im aktuellen Strategieprozess geht es also darum, die Ressourcenverteilung neu zu priorisieren: So können veraltete Strukturen modernisiert, Ausgaben deutlich reduziert und zugleich neue Investitionen und Aktivitäten in Bereichen möglich werden, deren Bedeutung wächst.

 Im November kann das Sparkonzept nachjustiert und beschlossen werden

Eine weitere Herausforderung: Bis zum Jahr 2030 wird die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Seelsorge (in den verschiedenen pastoralen Berufen) um etwa 40 Prozent sinken So versucht das Bistum, das ehrenamtliche Engagement stärker zu fördern: Ein dazu vorliegendes Konzept (Titel: „begeistert und berufen, befähigt und begleitet“) soll konsequent auf allen Ebenen umgesetzt werden und das Zusammenwirken von ehren- und hauptamtlich Engagierten intensivieren. Das vom Diözesansteuerrat vorgegebene Einsparziel: Die Ausgaben des Bistums werden bis zum Jahr 2030 um 30 Millionen Euro pro Jahr gesenkt. Das dazu von einem Lenkungskreis erarbeitete Konzept sieht zahlreiche Einsparungen vor: In der Verwaltungszentrale in Speyer, in Bildungshäusern und den Gemeinden vor Ort. Geplant ist zum Beispiel, die Bildungshäuser wirtschaftlich effizienter (mit höherer Auslastung und geringeren Kosten) zu organisieren und den Gebäudebestand in den Pfarreien (Kirchen, Pfarrheime, Kindertagesstätten, Pfarrhäuser) weiter zu reduzieren. Wenn der mit den Immobilien verbundene Verwaltungsaufwand zurückgeht und der Trend zum mobilen Arbeiten (mit „Home-Office“ etc.) anhält, will das Ordinariat in Speyer die Möglichkeit nutzen, die Zahl der Arbeitsplätze entsprechend zu reduzieren und ein Verwaltungsgebäude zu verkaufen. Das Konzept wird in den kommenden Wochen weiter diskutiert. In einer erneuten Sitzung der Diözesanversammlung am 4. und 5. November werden die konkretisierten Vorschläge für die künftige Ressourcenverteilung beraten, möglicherweise nachjustiert und entschieden. Dieses Votum wird an Bischof Karl-Heinz Wiesemann und den Diözesansteuerrat weitergeleitet – als Grundlage für die Beratungen über den Haushaltplan des Bistums für 2023.

„Wir brauchen kräftige Portion Mut und Bereitschaft zum Blick nach vorn“

In ihrer Oktober-Sitzung hat sich die Diözesanversammlung (DV) über diese Vorschläge und Möglichkeiten informiert, die Ressourcen für die einzelnen Aufgabenbereiche neu zu justieren. Wie die DV-Vorsitzende Gabriele Kemper dazu erklärte, steckt im historisch gewachsenen Haushalt des Bistums Speyer eine enorme hohe Komplexität: „Wenn es nun um Umverteilung geht, gibt es keine Lösung, die alle bis in jedes Detail glücklich macht.“ Es könne aber nicht alles so bleiben, wie es ist, das wisse auch die Diözesanversammlung: „Wir müssen neue Wege gehen. Wir müssen uns bewegen – auch wenn Wandel selten ohne Zweifel kommt, ohne Durststrecken – oder gelegentliches Scheitern. Wir brauchen auch eine kräftige Portion Mut und die gemeinsame Bereitschaft zum Blick nach vorn.“ Deshalb ist es nach den Worten von Bischof Karl-Heinz Wiesemann für das Bistum und seine Gremien wichtig, „eine Vision vor Augen zu haben – und im Herzen.“  Der Bischof verwies vor der Diözesanversammlung auf die aktuelle Weltlage – mitten in einer Zeit, in der die Menschheit in einer gewaltigen Krisensituation steckt“. Auch in Deutschland gebe es enorme Folgen und soziale Herausforderungen, „wenn Menschen auch bei uns wieder wirklich existenzielle Ängste haben“. Diese aktuellen Sorgen und Nöte vieler Menschen im Herbst und dem bevorstehenden Winter müsse das Bistum trotz der notwendigen Spar-Überlegungen im Blick haben.

Winter-Hilfen gegen Angst vor Eiseskälte und Heizenergie-Rechnungen

Obschon die Ausgaben bis 2030 kräftig gesenkt werden müssen, will das Bistum auch künftig in der Lage sein, Menschen in Not zu helfen. So können von Energiepreiskrise und Armut besonders betroffene Menschen in der Pfalz und dem Saarland im bevorstehenden Winter auf Unterstützung durch Kirche und Caritas im Bistum Speyer hoffen. Das Bistum Speyer stellt für Winter-Hilfsaktionen ihrer katholischen Pfarrgemeinden und der Caritas einen Sonderetat von zunächst rund eineinhalb Millionen Euro zur Verfügung.

Wie das Bistum dazu weiter mitteilte, soll die Aktion nach den Worten von Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann Menschen die Angst vor diesem Winter nehmen und ihnen Mut machen: „Viele Armutsbetroffene und Rentner schauen mit großen Sorgen auf die kommenden Monate: Weil sie mit Blick auf stark gestiegene Lebensmittelpreise beim Einkaufen jeden Cent zweimal umdrehen müssen oder nicht wissen, ob ihre Rente für diesen Winter und die Energiekosten reicht. Kirchengemeinden können mit der Caritas Zeichen der Hoffnung setzten – etwa mit der Einladung zu warmen Mahlzeiten, zu Treffen in beheizten Gemeindezentren oder durch Lebensmittel-Spenden – wie zum Beispiel Fünf-Kilo-Beutel mit Äpfeln oder Kartoffeln.“

Sonderetat für von Krise und Armut besonders betroffene Menschen in Pfalz und Saarpfalz

Der Sonderetat wird Kirchengemeinden zur Verfügung gestellt, die solche Winter-Hilfsaktionen starten. Zudem erhalten die acht Caritas-Zentralen (Germersheim, Landau, Speyer, Neustadt an der Weinstraße, Ludwigshafen, Kaiserslautern, Pirmasens, Homburg) im Bistum Finanzmittel. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wohlfahrtsverbandes sollen so auch die Möglichkeit bekommen, Menschen in ganz besonderen Notlagen (nicht nur mit Blick auf Heiz- und Energiekosten) in diesem Winter auch finanziell zu helfen. Das Bistum Speyer will bei der Aktion auch mit der Evangelischen Landeskirche in der Pfalz sowie der Diakonie kooperieren: Evangelische Kirche und Diakonie planen eine ähnliche Aktion (#wärmewinter). Bistum und Landeskirche haben (auch im „Handlungsfeld Caritas/Diakonie“) vereinbart, sich stärker zu vernetzen – über Konfessionsgrenzen hinweg. Um diese Winter-Hilfsaktion zu finanzieren, nutzt das Bistum Speyer zunächst die Summe (schätzungsweise etwa 1,5 Millionen Euro), die voraussichtlich durch Mehreinnahmen aus der vom Staat gewährten Energiepreispauschale in die Kirchenkasse kommt. Die Aktion soll bis ins Frühjahr 2023 laufen – bei Bedarf will das Bistum den Sonderetat weiter aufstocken.

Die Diözesanversammlung hat die Aufgabe, die Themen und Anliegen der verschiedenen diözesanen Gremien zusammenzuführen und den Bischof zu beraten. Aktuell gehören der Diözesanversammlung 116 stimmberechtigte Mitglieder an. Im Sinn des Kirchenrechts nimmt die Diözesanversammlung zugleich die Aufgaben eines Diözesanpastoralrates für das Bistum Speyer wahr. Weitere Informationen: www.bistum-speyer.de. Bzw. www.bistum-speyer.de/aktuelles/strategieprozess